Vietnam 1: Frankfurt, Saigon

Volker Friebel

 

Auf dem Weg

Ich sitze im Frankfurter Flughafen und blättere durch die geplanten Stationen. Und klappe meinen Reiserechner bald wieder zu: Wir müssen den Warteraum verlassen, die Schlange baut sich neu auf, vor einem Spalier Polizisten mit Hunden: Drogenkontrolle. Das dauert. Kontrolliert und abgeschnüffelt schaue ich endlich durch das Glas in den trüben Mittag des Rollfelds. Eine Mutter öffnet ihren Kindern ein Getränk.

Flug nach Saigon.
Die vietnamesischen Kinder
scherzen auf Deutsch.

 

Der Flug ist lang, er führt durch die Dunkelheit, wir fliegen der Sonne entgegen.

Nachtflug.
Das rhythmische Flackern
der Fernseher.

Nacht
über Indien. Lauter neugeborene
Sterne.

Vom Himmel aus
ein Blick in das Morgenrot.
Deine Augen.

 

Saigon

Ankunft auf dem Flughafen von Saigon. Hauptpost. Kathedrale Notre-Dame. Wiedervereinigungspalast. Platz vor der Stadthalle (dem ehemaligen Rathaus). Ben-Thanh-Markt.

Gepäckausgabe.
Im Quietschen des Laufbands
zähe Zeit.

In Saigon, offiziell Ho-Chi-Minh-Stadt, leben 7,1 Millionen Menschen. Im Stadtkern dominieren Hochhäuser, außerhalb lockere Siedlungen. Die Stadt liegt am Ufer des Saigon-Flusses. Bis zum Jahre 1975 war sie Hauptstadt der von den westlichen Mächten beherrschten Republik Vietnam. Ihre Eroberung am 30. April 1975 durch Nord-Vietnam bedeutete die Wiedervereinigung Vietnams und ein Ende der Schrecken des Vietnamkriegs – allerdings auch Leid für viele, die mit dem Süd-Vietnamesischen Regime oder mit den Franzosen und US-Amerikanern zusammengearbeitet hatten.

Wir treten aus dem Flughafen-Terminal vor eine Wand von Menschen, viele mit Schildern, die hinter Sperren auf die Reisenden warten. Die Luft ist schwül-warm. Es ist 7 Uhr morgens. Ein paar Palmen bewegen sich im leichten Wind. Fortwährend hupen Autos – dabei scheint keiner wütend zu sein. Wir sind erschöpft. Ich bin aufgeputscht von der Unglaublichkeit eines Flugs durch den Himmel. Das Hupen nervt, wie auch die Auslassungen des Reiseleiters über die nötige Vorsicht in der Millionen-Stadt. Wir fahren zum Hotel, warten lange, beziehen Zimmer, ruhen uns einige Stunden aus, bis um 15:00 Uhr eine Stadtbesichtigung beginnen soll.

 

Kathedrale Saigon –
Gesang schwappt ins Tönen
der Mopeds.

Ein Spatz taucht
durch schwere Luft – Gesänge
von Notre-Dame.

Foto: Kathedrale Notre Dame, Saigon.

 

Am Vereinigungspalast
zwei Panzer,
hinter Touristenbussen.

Diese beiden Panzer durchbrachen bei der Eroberung Saigons durch nord-vietnamesische Truppen am Vormittag des 30. April 1975 als erste das Tor zum damaligen Unabhängigkeitspalast, Arbeitsplatz des Machthabers Süd-Vietnams. Sie beendeten damit den Vietnamkrieg und stehen hier als Museumsstücke. Der Zugang kostet Geld. Das mag ich für Panzer nicht bezahlen.

Foto: Wiedervereinigungspalast, Saigon.

 

Der Puls Saigons –
Über die Kreuzung schwappen
Mopedfahrer.

Foto: Straße in Saigon.

 

Brunnenrauschen.
Der Führer erzählt aus dem Leben
Ho Chi Minhs.

Foto: Straße in Saigon.

Foto: Stadthalle, Saigon.

Foto: Lotosblüte an der Stadthalle, Saigon.

Foto: Beleuchtung nahe der Stadthalle, Saigon.

 

Tief unter dem Hochhaus –
die rote Flagge
im ewigen Wind.

Foto: Gebäude mit Flagge, Saigon.

Foto: Gebäude alt und neu, Saigon.

 

Milchiger Himmel. Die Sonne kommt hier und da durch. Fast alle Einheimischen sind dünn. Das muss an der Art ihrer Ernährung liegen, die Geschäfte sind voll Lebensmittel.

Das Farbenspiel der Ampeln. Viele Menschen tragen einen Mundschutz, vor allem auf den Mopeds, die sie meist zu zweit oder dritt besetzen. Die Atmosphäre ist friedlich, fast gelassen, obwohl viel gehupt wird und die Zweiräder oft riskant bei Rot über die Kreuzung fahren.

An den Krieg, mit dem der Name Vietnam so sehr belastet ist, erinnert dem Augenschein nach kaum etwas. Obwohl es noch immer Minenopfer gibt und Millionen Opfer der chemischen Verseuchung durch das Entlaubungsmittel Agent Orange. Wegen einer Veränderung des Erbguts ziehen sich Missbildungen nun schon durch Generationen. Die Menschen wollen nichts davon wissen. Sie wollen ein Moped.

Ein wenig erfahren wir vom Reiseleiter. Als er sieben Jahre alt war, starb sein Vater beim Entschärfen einer Bombe. Das war sein Geschäft, er war Ingenieur.

 

Motoren –
Wege. Über Dächern
Wolken.

 

Draußen vor den Markthallen an den Wänden die Märkte der Armen, die auf dem Boden sitzen, ihre ganze Hoffnung ausgebreitet vor sich. Ein Karren bietet geröstete Süßkartoffeln. Der Junge wendet die Früchte, dann fährt er mit seinem Lasten-Dreirad los, hinein in den Autostrom. Im Korb eines anderen Fahrrads sind Feigen, die Händlerin spricht uns an.

Foto: Ben Thanh Markt, Saigon.

Foto: Saigon bei Nacht.

 

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