Kos 1: Strand, Kos-Stadt

Volker Friebel

 

 

Kos ist eine Insel in der östlichen Ägäis, griechisch, aber nur fünf Kilometer von einer kleinasiatischen Halbinsel entfernt, die heute zur Türkei gehört. Von den etwa 34.000 Einwohnern leben knapp 20.000 in Kos-Stadt.

Die Insel ist 42 Kilometer lang, stellenweise fast zehn Kilometer breit, das ergibt etwas über 287 Quadratkilometer Fläche. Die höchste Erhebung, der Dikaios, ist immerhin 846 Meter hoch. Zum Teil ist die Insel vulkanisch geformt, hügelig, mit genug Süßwasser für eine Landwirtschaft.

Erstmals besiedelt wurde die Insel wohl in der Jungsteinzeit. Dorische Siedler aus Epidauros (auf der Peleponnes) brachten den Kult des Asklepios mit. Hippokrates (etwa 460-370 vor der Zeitrechnung) wurde auf Kos geboren, er lebte, heilte und unterrichtete hier, bis er die Insel im Alter von etwa 40 Jahren verließ und als Wanderarzt durch Griechenland reiste. Auf ihn führt sich unsere wissenschaftliche Heilkunde zurück, er ist der bedeutendste Sohn der Insel.

Nach wechselvoller Geschichte wurde die Insel im Jahr 1309 von Genua an die Johanniter verkauft. Auf diese geht die erhaltene Burg von Kos-Stadt zurück. Im Jahr 1523 übernahm das Osmanische Reich die Insel und herrschte hier fast 400 Jahre lang. Nach kurzer italienischer Herrschaft wurde Kos im Jahr 1947 mit den anderen Ägäis-Inseln an Griechenland abgetreten.

Das sind einige Fakten. Wie ist unsere Wirklichkeit?

Wir kommen abends auf dem Flughafen an, ein Bus bringt uns durch die Dämmerung zu unserer Unterkunft, ein Apartment in einem Haus am Strand bei Tigaki. Wir schlendern noch die paar Schritte an das Meer. Wind bläst. Wir lauschen der Brandung.

Morgenspaziergang am Strand

Auf der einen Seite geht es neben dem Landsträßchen nach Tigaki, auf der anderen Seite führt ein Pfad am Meer entlang Richtung Kos-Stadt, das in der Ferne verborgen ist.

Die Schuhe ausziehen, wir wandern im Sand, unsere Füße immer wieder berührt von den Zungen der Wellen. Es ist Mitte Oktober, die Luft ist angenehm kühl, das Wasser warm, das Leben leicht. Wir lächeln uns an.

Strandspaziergang.
Brandungsdröhnen bricht sich
am alten Bunker.

Am Strand,
dem roten Dämmern entgegen,
die Geschichten des Sands.

Zu diesen Geschichten gehören auch welche der Menschen, beeinträchtigen die doch mit jedem Strandspaziergang, mit jedem Schritt im Sand, die natürliche Ordnung – die das Meer mit seinen Wogen schnell wieder herstellt. Doch gehören wir Menschen nicht auch zur Natur? Wie sollte da irgendetwas, das wir tun, die natürliche Ordnung angreifen können?

Die mehr oder weniger zerfallenen Bunker allerdings, befestigte MG-Stände, auf die wir treffen, waren nicht zur Verteidigung gegen das Meer gedacht.

Sonnenaufgang
über den Bergen am Meer.
Der Bunker gähnt.

Hinter Straßenlaternen
das Meer. Die Polizeistreife
biegt ab.

 

Kos-Stadt

Im Anschluss an einen der Morgenspaziergänge am Strand fahren wir mit dem Bus nach Kos-Stadt. Es ist ein übersichtliches kleines Städtchen. Wir gehen den Hafen ab. Wie heiter und freundlich offenes Wasser macht.

Vor der Festung steht die alte Platane, unter der Hippokrates Medizin unterrichtet haben soll. Katzen streichen umher, eine blinzelt uns an. Ob eine Urahnin von ihr auch schon Hippokrates um die Beine gestrichen ist? Und zwei Schüler haben womöglich miteinander über die Katze gelacht, statt seinen Worten zu lauschen.

Die Platane ist uralt, sie ist innen hohl und muss von Metallstangen gestützt werden. Aber bis zu den Tagen von Hippokrates reicht sie doch nicht hinab. Wahrscheinlich ist es ein Sprössling der damaligen Platane. Oder der Sprössling eines Sprösslings.

Platane des Hippokrates.
Katzen lungern
im ewigen Licht.

Die Festung heißt Neratzia. Hinter ihrem Portal ist ein Stand der Verwaltung, Eintritt wird nicht verlangt. Wir schlendern durch die Ruinen.

Errichtet wurde dies alles vom Johanniter-Orden, der die Insel ab dem Jahr 1314 beherrschte und gegen 1377 mit dem Bau begann. Ich kenne Johanniter von der Unfall-Nothilfe. Tatsächlich geht der Orden auf ein Hospital in Jerusalem zurück, das bereits Jahrzehnte vor dem ersten Kreuzzug gestiftet wurde. Nach dem ersten Kreuzzug wurde er allerdings in einen Ritter-Orden umgewandelt. Etwa 4.000 Ritter soll es weltweit im Orden heute geben.

Unter einem Baum setzen wir uns auf Steintrümmer und frühstücken.

Alte Festung.
Der Duft wilden Fenchels
im Wind.

Über Festungsmauern
ungebrochen –
der Wind vom Meer.

Am Festungswall.
Ein leeres Schneckenhaus
im Wind vom Meer.

Wieder zurück in der Stadt, treffen wir zufällig auf das Hamam, das türkische Bad, und treten neugierig ein. Vermutlich war es ein gemischtes Bad, mit einem separaten Bereich für die Damen. Auch die Menschen vor uns wussten zu leben. Das hat sich heute verlagert in die Cafés und Boutiquen.

Hier und da in der Stadt geschützte Überreste der antiken Agora. Im größten Schutzgebiet liegen die Reste des Aphrodite-Heiligtums. Das Gebiet ist seit 4.000 Jahren besiedelt. Und vermutlich zu manchen Zeiten nicht weniger dicht als heute. Diese Reste wurden 1933 durch ein Erdbeben freigelegt, das die Stadt schwer traf. Doch sie gewann einen Teil ihrer Vergangenheit zurück.

Aphrodite-Heiligtum –
auf zerschlagenen Steinen sonnt sich
ein Schmetterling.

Foto: Die kümmerlichen Reste des Aphrodite-Heiligtums.

 

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